Da jede noch so kleine Kritik an Idolen – vor allem, wenn sie diesen Ehrenplatz zu Recht einnehmen – immer in den richtigen Rahmen zu stellen ist, drei Anmerkungen vorab:
(1) Der Berichterstatter ist bekennender Fan der deutschen Handball-Nationalmannschaft und ihres Trainers. Dies hat er sowohl im direkten Gespräch mit Heiner Brand (DGFP-Kongress) als auch in Printmedien (Wirtschaftspsychologie) und natürlich auch im Reiseführer “Per Anhalter durch die Arbeitswelt” (siehe Eintrag aus dem Jahre 2007 mit dem Titel “Ein Wintermärchen zum Feiern und Lernen“) mehrfach unter Beweis gestellt.
(2) Der Berichterstatter hat ein mehr als kritisches Verhältnis zu manchen Personen, die als Schiedsrichter manchmal einen mehr als nur unglücklichen Einfluss auf den Ausgang eines Spieles haben (siehe dazu die Erläuterungen zur “Vinkenliste als Karrierefalle” in einer älteren Ausgabe dieses Reiseführers).
(3) Der Berichterstatter weiß, dass eine gewisse “Beeinflussung” von Schiedsrichtern durch Spieler und Offizielle im Handball fast schon genauso dazu gehört wie im Fußball.
Aber jetzt konkret zu dem kleinen Punkt, um den es hier und heute gehen soll. Für alle, die nicht zu den 10 Millionen Zuschauern des (leider) entscheidenden Spiels gegen Dänemark gehörten, noch einmal zur Erinnerung: In den letzten Minuten gab es – wie auch in den Spielen zuvor – einige Entscheidungen von Schiedsrichtern, über die man durchaus diskutieren kann.
Allerdings diskutierten Spieler und Trainer bereits seit dem vorangehenden Spiel (gegen Norwegen) etwas zu viel über die Schiedsrichter. Genau hier setzt der Merkposten an: Wenn ein Trainer quasi via Bildzeitung über eine Schiri-Verschwörung gegen Deutschland spekuliert und eine Videodokumentation ankündigt, dann führt dies dazu, dass Spieler viel zu sehr dieses Thema in den Kopf bekommen – und weniger die Antwort auf die Frage, wie man vielleicht doch einen Siebenmeter verwandelt. Wenn die Kritik an den Schiedsrichtern dann noch dazu führt, dass wegen von der Bank kommenden “Anmerkungen an den Schiedsrichter” eine Zeitstrafe gegen die Mannschaft verhängt wird (die dann erst einmal mit einem Spieler weniger spielen muss), wird es problematisch. Dies gilt auch für die Schlussminuten, als wegen Ärger über die (skandalös agierenden) Schiedsrichter jede Konzentration und damit das Spiel verloren gingen.
Der Reiseführer durch die Arbeitswelt definiert deshalb: “Emotionaler Verfolgungsgefühlabschirmer ist eine (1) durch die Führungskraft vorzunehmende Funktion, bei der (2) die Aufmerksamkeit des Teams auf die eigene Leistung konzentriert und (3) von den durchaus ungerechten Aktionen der Umwelt abgeschirmt wird.”
Genau das gilt auch für die aktuelle Wirtschaftskrise. Sie ist natürlich ein Problem und natürlich ist es ein Skandal, dass beispielsweise ganz bestimmte Berufsgruppen und Branchen gegenwärtig geschützt, andere dagegen zum Ertrinken in den Regen gestellt werden.
Es hilft aber nichts, wenn Unternehmen, Handballmannschaften, Privatpersonen ohne Zugang zu den Rettungsmilliarden, aber auch Institute an Hochschulen (die sich zurzeit mindestens genauso und genauso zu Recht verfolgt fühlen wie die Deutsche Handball-Nationalmannschaft ) diese Probleme (noch dazu in einer meistens rein internen) Diskussion forcieren und zum zentralen Gegenstand ihrer Gedanken beziehungsweise ihres Handelns machen. Dies alles beschleunigt nur noch das Ertrinken.
Deshalb müssen alle Führungskräfte zu „Emotionalen Verfolgungsgefühlabschirmern” werden. Das ist leicht gesagt, schwer getan, trotzdem aber nötig.
Gut in diesem Zusammenhang das Beispiel des dänischen Schilderherstellers Nonbye: Er hat seinen Mitarbeitern einfach untersagt, das Wort „Krise” in den Mund zu nehmen. Ob das hilft, ist noch nicht bekannt. Es wird aber sicher nicht schaden.
Gut dann natürlich auch das Beispiel der französischen Handball-Nationalmannschaft, die ebenfalls unter einigen (vielen) merkwürdigen Entscheidungen zu leiden hatte, diese aber – nicht zuletzt durch ihren Trainer – von ihrem Spiel abschirmte, was mit der Weltmeisterschaft belohnt wurde. Gratulation!
P.S.: Douglas Adams beschäftigt sich in seinem Buch “Per Anhalter durch die Galaxis” auch mit diesem Thema, wenn er Zaphod Folgendes erzählen lässt: “Ich wollte mir nicht einreden lassen, es würde sich nur um einen Anfall von Verfolgungswahn handeln. Doch dann sah ich es: Irgendein Mistkerl hatte alle Synapsen im Gehirn weggeätzt und die beiden Kleinhirnteile elektronisch traumatisiert.” Was uns Adams verschweigt, ist die Fähigkeit des in diesem Reiseführer vorgestellten „Emotionalen Verfolgungsgefühlabschirmers”, genau diesen Effekt auszuschalten.
P.P.S.: Im Jahr 2011 ist Deutschland wieder Handball-Weltmeister! Egal mit welchen Schiedsrichtern!
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