Der schwarze Mitarbeiterabbauplanet

20. Oktober 2006

Bei der Reise durch die Arbeitswelt stößt der Berichterstatter auf Planeten, die nicht nur eine seit neustem auch so genannte Unterschicht haben, sondern auch Mechanismen, die Unterschicht stetig zu erweitern. Auf diesen Planeten baut man nicht Steinkohle oder Erze ab, sondern Mitarbeiter. Man definiert auf diesen schwarzen Mitarbeiterabbauplaneten das Abbau-Volumen und beginnt mit dem Tagwerk.

Auf einem dieser Planeten stand der Berichterstatter als Referent auf verlorenem Posten. Er wollte über die Motivation von Mitarbeitern sprechen, über das verschärfte Betriebsklima, über die Unsicherheit und – ja, wenngleich altertümlich – über Personalarbeit.

Seine These 1: Mindestens 41% der Mitarbeiter sehen deutliche Gründe, das Unternehmen zu verlassen. Eigentlich dramatisch und ein guter Einstieg für einen Vortrag. Dann verweist der Vortragende noch darauf, dass nur noch 20% der Mitarbeiter emotional an das Unternehmen gebunden sind. Alles in allem eigentlich eine dramatische Aussage.

Irrtum. Die Antwort eines Personalmanagers des schwarzen Mitarbeiterabbauplanetens: „Nichts schöneres kann uns passieren. Ideal, wenn wirklich alle gehen würden. Wir haben viel zu viele Mitarbeiter. Können Sie uns dabei helfen?“

Der Referent gab nicht auf und versuchte es mit These 2: Selbst wenn die Mitarbeiter nicht das Unternehmen verlassen, verbringen sie alleine durch besorgte Gespräche am Arbeitsplatz viel unproduktive Zeit. Hier sollen Personalarbeit und interne Kommunikation Klarheit verschaffen. Die Antwort des Personalmanagers des Mitarbeiterabbauplanetens – und seine Kollegen nicken: „Wir haben soviel Luft im System, da spielt es keine Rolle, ob die Mitarbeiter unproduktive Zeit am Arbeitsplatz verbringen.“

These 3 und 4 (die etwas mit Führung und Arbeitgeberimage zu tun hatten) kamen ebenfalls nicht an. Viel interessanter war der plötzliche Austausch der Personalmanager des schwarzen Mitarbeiterabbauplaneten darüber, welche Mechanismen man einsetzen kann, um Mitarbeiter zu Eigenkündigung zu bringen. Und so entwickelte sich eine verblüffende Kreativität: Meeting am Freitag um 18 Uhr, gezieltes Mobbing und vieles andere, was hier nicht genannt werden soll (damit es nicht nachgemacht wird!). Und Gehör fand natürlich auch der obligate Unternehmensberater, der mal wieder glatt geschleckt seine Benchmarks für Einsparpotenziale anpries.

Der Referent gibt auf und überlegt, was jetzt der passende Eintrag in den Reiseführer „Per Anhalter durch die Arbeitswelt“ sein könnte. Natürlich müssen Unternehmen manchmal Mitarbeiter betriebs- und verhaltensbedingt abgebauen. Nicht jeder Planet, auf dem Mitarbeiter abgebaut werden, ist demnach automatisch ein schwarzer Mitarbeiterabbauplanet. Es kommt auf das „Wie?“ und auf die Grundstrategie an, nicht aber auf die schönen Sprüche der Kommunikationsabteilung.

Nach langem Grübeln kommt der Berichterstatter zu folgenden Einträgen:

Tipp 1 für Mitarbeiter: Manchmal ist ein verschärftes Betriebsklima Absicht, um Eigenkündigungen zu produzieren. Diesen Unternehmen sollte man den Gefallen tun, das Thema offen ansprechen und eine gute Abfindung aushandeln. In jedem Fall aber: Sofortige Flucht von diesem schwarzen Mitarbeiterabbauplaneten einleiten.

Tipp 2 für Jobsuchende (auch wenn Ihr Job natürlich ganz anders ist, als das was man hört, und sicherlich Ihr Job NIE abgebaut wird): Erkundigen Sie sich im Umfeld, ob unter dem schönen Sonnenschein nicht vielleicht ein schwarzer Mitabeiterabbauplanet liegt. (Zu dieser Suche war früher die Kneipe neben dem Werkstor die ideale Informationsquelle, heute ist es das Internet).

Tipp 3 für  Aufsichtsräte: Reduzieren sie die Vergütung für Personalvorstände um das Abbauvolumen. Gegenwärtig läuft es anders herum. Aber irgendeiner hat diese jetzt „unnötigen“ Mitarbeiter eingestellt und muss jetzt für diesen teuren Abbau sorgen. Also: Hier wurde in der Personalabteilung die Hausaufgabe „Personalbedarfsplanung“ nicht gemacht! Deshalb: Nicht rauf mit den Vorstandsgehältern sondern runter!

Tipp 4 für die Presse: Lassen Sie sich nicht von den „schönen und mitarbeiterfreundlichen“ Abbaumaßnahmen mancher Großkonzerne blenden. Vieles ist guter Bluff, auf den Journalisten herein fallen. In Wirklichkeit handelt es sich um akkurat planierte Berghalden.

Bild zu: Der schwarze Mitarbeiterabbauplanet

P.S.:  In der Originalquelle von Douglas Adams liest man: „Arthur schaute wieder zu den Monitoren hoch und sah ein paar weitere hundert Meilen ödes Grau vorbeiziehen. Plötzlich fiel ihm ein, dass er eine Frage stellen wollte, die ihn die ganze Zeit beunruhigt hatte. ‚Ist dieser Planet nicht gefährlich?’ fragte er. ‚Magrathea ist schon seit Jahren tot’ sagte Zaphod, ‚natürlich ist er völlig ungefährlich. Sogar seine Gespenster haben sich mittlerweile bestimmt zur Ruhe gesetzt und Familien gegründet’“.

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