Der Fluss mit den vielen Dollarscheinen

29. Dezember 2006

Dies ist ein Eintrag in den Reiseführer, der schon vor einiger Zeit geschrieben, dann aber wegen eines defekten WLANs nicht veröffentlicht und jetzt aus aktuellem Anlass wieder hervorgesucht wurde. Der Berichterstatter sitzt in Bangkok beim Frühstück. Vor ihm sein Laptop und der Chao Phraya, der direkt am Shangri-La Hotel vorbeifließt. Fast so interessant wie dieser Fluss mit seinen Booten ist das sehr laut geführte Gespräch am Nachbartisch.

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Denn bei diesem Gespräch dreht sich alles nur um Geld – und zwar wirklich nur um Geld. Jeder zweite Satz beinhaltet die Redewendung „the way to make money“, verstärkt immer wieder durch „really“. Man hat das Gefühl, dass der Fluss eigentlich nur ein Strom aus Dollarscheinen ist. Überall die Chance, reich zu werden. Überall die Gewissheit, es wirklich geschafft zu haben. Und alles wirkt plausibel und echt. Hier sieht man den wirtschaftlichen Aufschwung in voller Intensität.

Sicherlich kann man jetzt die Nase rümpfen über diese „reinrassigen Kapitalisten und Materialisten“. Sicherlich kann man darüber diskutieren, dass das Investitionsbüro für Thailand schon am Flughafen auf die „arbeitgeberfreundliche“ Gesetzgebung hinweist. Trotzdem: Man spürt eine positive Dynamik, an die man gerne glauben möchte und die sich abhebt vom Berufspessimismus, den zurzeit manche Zeitgenossen an den Tag legen.

Der Reiseführer durch die Arbeitswelt diagnostiziert also Zonen des Optimismus!

Erster Nachtrag (drei Wochen später, laut dpa): Um Währungsspekulationen gegen die thailändische Währung Baht zu stoppen, verordnete die Bank von Thailand am Montagabend, dass ausländische Investoren 30 Prozent der Investitionssumme bei der Bank von Thailand hinterlegen müssen. Daraufhin setzte an der Börse eine rasante Talfahrt ein.

Zweiter Nachtrag (kurz darauf, ebenfalls dpa): Nach dem schwersten Aktieneinbruch an der thailändischen Börse in 16 Jahren, hat das Finanzministerium in Bangkok seine neuen Regeln für Auslandsinvestoren wieder aufgehoben. Finanzminister Pridiyathorn Devakula verlas nach einem Krisengespräch mit Brokern und Fondsmanagern am späten Dienstagabend eine entsprechende Erklärung.

Der Fluss der Dollarscheine fließt also wieder – vielleicht nicht so schnell, aber immerhin!

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P.S.: Douglas Adams schreibt: „Das vorangegangene ist logisch, das ist nicht das Problem. Das ist es: Veränderung! Die Galaxis ist eine sich schnell verändernde Angelegenheit. Es gibt, offen gesagt, ungeheuer vieles darin, von dem jedes kleinste Teilchen fortwährend in Bewegung ist, sich fortwährend verändert. Ein ganz schöner Alptraum!“

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