HR-Consulting: Berater-Bashing als Fata Morgana

14. September 2009

Ob bei Millionen-Boni für Milliarden-Verluste, ob bei krass-fehlbesetzten Führungspositionen, ob bei kläglich-gescheiterten Outsourcing-Versuchen oder bei kümmerlich-dilettantischen „Web2.0″-Lösungen: In vielen Fällen haben Unternehmensberater ihre Hände im Spiel und haben versagt. Doch zumindest in personalwirtschaftlichen Fachzeitschriften ist Kritik an Beratern weitgehend tabu und wird – falls doch einmal schüchtern vorgetragen – reflexartig unterdrückt. Irgendwie komisch?

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Nicht nur die 6.753 Leser des Reiseführer-Eintrags vom 15. Dezember 2006, sondern auch die Millionen Leser von Douglas Adams wissen, dass ein Handtuch so ungefähr das Nützlichste ist, was der interstellare Anhalter besitzen kann. Ein Handtuch hat praktischen Wert, wenn man beispielsweise über die kalten Monde von Jaglan Beta hüpft. Man kann aber auch darunter schlafen und es als Segel an einem Minifloß verwenden. Doch wenn man als aufmerksamer Anhalter durch unsere Arbeitswelt reist, dann gibt es noch eine viel wichtigere Funktion: Denn man kann mit diesem Handtuch die Tränen der Rührung trocknen, die einem unwillkürlich in die Augen steigen, wenn man am Schreibtisch die wunderschön-emotionalen Editorals aus den wunderschönen Personalmagazinen liest.

Besonders ergreifend ein kleines Stück Poesie mit dem Titel Schluss mit dem Berater-Bashing! Da heißt es dann unter anderem „Berater haben es schwer. In Online-Foren werden sie nicht gern gesehen, auf Veranstaltungen und in Netzwerken ist ihre Zahl kontingentiert, in Witzen werden sie aufs Korn genommen.

Dieses moralisierende Jammern klingt gut und rührend, weshalb der Rat mit dem Handtuch wirklich auf Lebenserfahrung mit Tränen schließen lässt.

Damit ist dieser Eintrag in den Reiseführer eigentlich schon fertig: „Wanderer durch die Arbeitswelt, vergiß das Handtuch bei der Lektüre bestimmter Personalmagazine nicht, denn die Tränen der Rührung sind so zwingend, wie die Kollisionsfreiheit der oben angesprochenen kleinen Monde von Jaglan Bata.”

Weil die Seite für diesen Eintrag heute aber noch nicht voll ist, sollte man eine kosmisch-kleine Sekunde für die Frage investieren, ob wir eigentlich wirklich ein Berater-Bashing haben. Also: Wie sieht es in unserer Arbeitswelt wirklich aus?

Zumindest für Personalmanagement-Berater stimmt das Märchen vom armen Berater natürlich nicht! – was der aufmerksame Leser dieses Reiseführers natürlich sofort erkannt hat.

Diese HR-Berater leben in einer absoluten Komfortzone, selbst diejenigen, die nicht nach einem kleinen unbedeutenden Sternzeichen benannt sind: Kunden wie Medien fressen ihnen aus der Hand und bejubeln jede neue kleine „Studie” – wenngleich diese „Expertenbefragungsstudie” nur genau das propagiert, was das betreffende Beratungshaus verkaufen möchte. Und dann wird ein uralter Vorschlag zur Bewertung von Personalarbeit zur innovationen Jahrhundertleistung hochgejubelt und ganz übersehen, dass es ihn ohne öffentliche Fördermittel nicht geben und ihn Unternehmen ohne Zwang aus Berlin nur bedingt nachfragen würden. Dass dann auch noch unsinnige und kontraproduktive Produkte massenhaft unter Nutzung des Lemmingen-Effektes an den (Personal-)Mann gebracht werden, ist unter Insidern durchaus bekannt.

Und wie sieht es mit der angeblichen Kritik aus, die angeblich als permanentes „Berater-Bashing” geäußert wird? Fehlanzeige. Ganz im Gegenteil! Sobald alle paar Jahre einmal eine schüchterne Kritik an den armen HR-Beratern vorgetragen wird, springen amtsbekannte Journalisten für sie in die Bresche.

Nein. Dieses angebliche Bashing von Personalmanagement-Beratern ist ein Mythos, der in Wirklichkeit nur die Umsatzinteressen der Beraterzunft bedient.

Das alles macht den aufmerksamen Beobachter stutzig und er fragt sich: Was ist denn eigentlich so schlimm, wenn man Berater hinterfragt, die mit Flops viel Geld verdienen und Unternehmen plus Mitarbeiter ins Unglück treiben? Erinnert sei an Millionen-Boni für Milliarden-Verluste, an krass-fehlbesetze Führungspositionen, an kläglich-gescheiterte Outsourcing-Versuche und an kümmerlich-diletantische „Web2.0″-Lösungen. Sind da nicht überall „unsichtbare und ungenannte” Berater im Spiel (gewesen)?

Die Flops der letzten 12 Monate liegen auf der Hand. Wieso ist es anstößig, einmal wissen zu wollen, welche Beratungsfirmen dahinter stecken. Wir müssen im ureigensten Interesse Berater entzaubern und die Spreu vom Weizen trennen. Berater sind keine Mittler zwischen Theorie und Praxis. Sie haben interessengeleitete Filterfunktion. Sicherlich kann man von der Art, wie Berater sich „verkaufen”, lernen. Nur wollen und sollen wir das wirklich – wie es uns das zuvor erwähnte Editorial vorschlägt?

Um es ganz klar zu machen: Hier geht es um keine Neid-Debatte. Im Gegenteil: Einige – und besonders einige der sehr hoch bezahlten – Consultants sind jeden Cent wert! Viele andere haben aber Flops geliefert, die jeder mitbekommen und mehrfach mitbezahlt hat.

Also: Bitte statt sich über ein angebliches Berater-Bashing echaufieren, ist es die Aufgabe der personalwirtschaftlichen Leitmedien, diese falschen Berater ausfindig zu machen, beim Namen zu nennen und als warnendes Beispiel an den Pranger zu stellen.

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P.S.: Übrigens ist eine solche kritische Haltung bei IT-Fachjournalisten durchaus üblich. Warum nicht bei uns? Die Reise durch die Arbeitswelt wäre viel einfacher!

P.P.S.: Für das, was wir hier in unserer Arbeitswelt mit den HR-Consultants ich bei Douglas Adams in seinem Reiseführer „Per Anhalter durch die Galaxis” eine wunderschöne Formulierung, die von Zaphod Beeblebrox zum besten gegeben wird: „Wir befinden uns mitten im Pferdekopfnebel. Einer einzigen gewaltigen dunklen Wolke. Der einzige Ort in der ganzen Galaxis, wo man einen leeren Bildschirm sieht. Überall ein klares unverwechselbares NICHTS.”

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